Da die ersten Skulpturen, die ich mit Peter Kamm erstellte, auf guten Anklang stiessen, bekamen wir die Möglichkeit, drei Objekte für die neue Pädagogische Hochschule in Kreuzlingen herzustellen.
Im Sommer 2020 nach meiner Zeit in Schaffhausen fragte mich Peter Kamm ob ich nicht Lust hätte, unter seiner Autorenschaft drei grosse Skulpturen aus Stein zu fertigen. Da ich noch nie in den Dimensionen gearbeitet hatte, konnte ich nicht Nein sagen.

Während der Arbeit an den Skulpturen arbeiteten wir meistens mit der Dimension des “Zufalls” und des “Fehlers”. So formte ich Strukturen, bei deren Repetition mir zwangsläufig “Fehler” unterliefen. Diese “Fehler” wiederholten wir dann, verformten sie, vergösserten und verkleinerten sie so lange, bis beim Reproduzieren der “Fehler”, wieder “Fehler” entstanden. Das Resultat war eine einzigartige Bildsprache.
Unser thematischer Ankerpunkt für die Skulpturen war Aby Warburg. Der berühmte Kunsttheoretiker und Kulturwissenschaftler und der Begründer der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg. Im April 1921 wurde Aby Warburg in das Psychiatrische Sanatorium Bellevue in Kreuzlingen eingewiesen. Hier besserte sich sein psychischer Zustand nur teilweise. Während des Aufenthaltes in der Klinik forschte er über die Rituale der Hopi Indianer was in seinem berühmten Vortrag über das “Schlangenritual” führte. Die Schlange als immer wiederkehrendes Symbol der Heilung, des Todes, des guten und des Bösen hatte einen grossen Einfluss auf unsere Arbeit.

Die Thematik des Schlange wählte Peter Kamm wohl auch wegen seines eigenen gesundheitlichen Zustandes. Nach einer schweren Gesundheitlichen Krise, waren der Tod und die Heilung während unserer Arbeit allgegenwärtig. Auch das Coronavierus beeinflusste die Entstehung dieser Arbeiten. Der gestalterische Prozess geschah immer mit grösstmöglichem Abstand. Die drei entstandenen Skulpturen bilden so ein Zeitzeugnis. Während ich auf Wanderschaft war und nicht wandern durfte, hielt die Welt wegen der Pandemie den Atem an, während Peter Kamm kaum Luft bekam…
Am Schluss bleibt eine Arbeit die nicht nur mich oft vor grosse Herausforderungen gestellt hat, sondern Peter oft überraschte. Für mich war es der Einstieg in die Arbeit der bildenden Kunst. Der grösste Schritt, den ich in meinem Handwerk bis dahin gemacht habe. Während der Arbeit an diesen Steinen lernte ich die Belanglosigkeit der “Regeln der Arbeitswelt”. Präzision, Geschwindigkeit, ein “Richtig” und “Falsch” gibt es im Grunde nicht. Dies zu begreifen dauerte lange und war eine der schwierigsten Übungen in meiner Karriere. Am Schluss ist nur das Gefühl für das Material wichtig. Das Gespür für den Stein. Die Erkentniss, wie vielfältig die künstlerische Ausdrucksweise sein kann, wenn man sich aus den “Regeln der Arbeit” befreit.
